Samstag, 24. August 2013

Die unglaubwürdigsten Momente in Found Footage Filmen

Cloverfield
Derzeit gibt es wieder eine Welle von Found Footage Filmen, welche die DVD-Regale in den Geschäften füllen. Dieses Stilmittel ist in meinen Augen nicht nur schön langsam durch, es wird von den Machern immer wieder als Ausrede benutzt, um alles, was einen kohärenten Aufbau einer Geschichte ausmacht, mit Füßen zu treten. Außerdem gibt es in wirklich jedem dieser Filme zumindest einen Moment, den kein normaler Mensch filmen würde und die dadurch so unglaubwürdig werden, dass jeder nur noch "Das filmt doch keine Sau mehr!" denkt, anstatt mit den Protagonisten mitzufiebern. Um die unglaubwürdigsten Szenen dieser Art geht es hier. Es geht mir hier nicht darum, dass diese Szenen nicht in den Filmen sein sollten (manche sind für den Film einfach nötig). Mit den folgenden Beispielen soll vor allem gezeigt werden, dass das Stilmittel "Found Footage" sehr eng gesteckte Grenzen hat, innerhalb derer offenbar nicht jedermann einen brauchbaren Film hinbekommt.

Cloverfield (USA 2008)
In J. J. Abrams "Cloverfield" gibt es gleich mehrere Szenen, die das Found-Footage-Format regelrecht sprengen. Meine Lieblingssequenzen sind zwei aus der Mitte des Filmes, die auch gleich aufeinander folgen. Szene Nummer 1 spielt sich in der U-Bahn-Station ab, in welche unsere Protagonisten geflüchtet sind, nachdem das Monster die Stadt angegriffen hat. Unser Held Rob teilt seinen Eltern gerade am Telefon mit, dass sein Bruder gerade ums Leben kam. Was macht sein bester Freund? Hält aus ein paar Metern Entfernung voll drauf und filmt mit, wie Rob seinen in Tränen ausbrechenden Eltern erklären muss, was genau passiert ist und dabei selbst zusammenbricht. Ganz ehrlich: Was für eine Arschgeige muss man sein, um so etwas zu filmen?
Die nächste unglaubwürdige Szene kommt nicht viel später. Rob und seine Freunde rennen durch den U-Bahn-Schacht, weil die kleinen "Abkömmlinge" des Monsters sie verfolgen. Eine von ihnen, Marlena, wird von den Viechern eingeholt und attackiert. Hudson, der die ganze Zeit die Kamera hält, eilt ihr zu Hilfe. Wie macht er das? Natürlich nur mit einer Hand, denn schließlich muss er nebenbei noch den Angriff filmen. *kopftriffttischplatte*

Evidence (USA 2012)
In Howie Askins "Evidence" (dessen Drehbuch von Hauptdarsteller Ryan McCoy stammt) dreht der Student Ryan eine Dokumentation darüber, wie es ist, wenn man zum ersten Mal campen geht (eine lahmere Ausrede ist euch nicht eingefallen?). In der Nacht hört man gar böse Geräusche und plötzlich werden er und seine Freunde von Monstern angegriffen und müssen fliehen.
Der Film an sich folgt einfach nur der Blair-Witch-Formel, ohne sie groß zu verändern. Drei Dinge stören das ohnehin schon kaum ansehbare Gesamtbild aber gewaltig. Erstens nervt es, dass alle auf Kameramann Ryan losgehen, dass er endlich mit der Filmerei aufhören soll, nur um - sobald sie selbst die Kamera in der Hand halten - später genauso mit dem Ding zu nerven wie er. Besonders "gelungen" ist auch die Szene, in der die beiden Mädchen mitten im Wald den toten Ryan finden. Anstatt die Kamera einfach zur Seite zu legen, folgt seine Freundin (mitsamt Anhang) der Spur aus Ryans Gedärmen mit der Kamera (!) und filmt dann mindestens zweimal sekundenlang die ausgeweidete Leiche ab, während sie ständig "Oh Gott! Oh nein!" schreit.
Dafür war sie in einer der nächsten Szenen ziemlich ruhig. Sie hielt es nämlich - aus welchen Gründen auch immer - für konstruktiver, ihre Freundin einfach nur zu filmen, während eines der Monster von hinten auf sie zuläuft, statt ein einziges Mal sowas wie "Hinter dir!" zu brüllen. Dass ihre Freundin überlebt, ist wirklich nicht ihr Verdienst.

The Amityville Haunting (USA 2011)
Mit diesem Film wollte Asylum sich gleich an zwei Franchises auf einmal dranhängen und zwar einerseits natürlich an die "Amityville"-Filme und andererseits an "Paranormal Activity" und seine Fortsetzungen. Dabei hat man sich gepflegt zwischen alle Stühle gesetzt und einen Film produziert, der maximal als unfreiwillig komischer Trash genießbar ist. Besonders gekonnt ins Knie schießt sich der Film aber in einer Szene, in welcher die frisch ins Haus eingezogene Familie ein Handy einer zuvor dort ermordeten Gruppe von Jugendlichen findet. Dumm nur, dass die einzelnen Szenen des Videos von verschiedenen Menschen in verschiedenen Räumen aufgenommen wurden. Wer hat das Material denn zusammen geschnitten? Der Poltergeist vielleicht?
Besonders toll ist auch die Szene, in welcher der Vater einen Nervenzusammenbruch erleidet und gleich glaubt, dass er wieder im Krieg in Afghanistan ist. Was macht die Familie? Sie filmt natürlich alles. Hey, das Video in dem Papa den Wandschrank mit "Sir, ja Sir!!" anbrüllt und anschließend davon schwadroniert, dass nun seine ganze Baggage im Krieg sei, kommt sicher gut auf der nächsten Geburtstagsparty.

The Blair Witch Project
Paranormal Ghosts (USA 2007)
Ich finde es nicht gut, in Filmen, die vorgeben, auf wahren Begebenheiten zu beruhen und die ja angeblich "aufgefundenes Filmmaterial" von Verschwundenen darstellen sollen, bekannte Leute einzusetzen. Da wird doch gleich die Illusion (die vorhin eh schon fast nicht mehr vorhanden war) zerstört. So gesehen hat sich der Film mit dem Auftauchen von Wrestling-Superstar "Rowdy" Roddy Piper nach fünf Minuten selbst erschossen. Dafür sorgen Pipers Versuche zu schauspielern für einige laute Lacher beim Publikum.

The Blair Witch Project (USA 1999)
Kümmern wir uns mal um den Film, der das "Found Footage"-Untergenre dem Mainstream-Publikum bekannt gemacht hat (gegeben hat es solche Filme ja schon vorher, man denke zum Beispiel an "Cannibal Holocaust" und "84C MoPic").
Neben der Tatsache, dass keiner auf die Idee kommt, das tonnenschwere Equipment einfach zurück zu lassen, obwohl sie schon halb verhungert um ihr Leben kämpfen, ist das Ende ziemlich schwer zu schlucken. Da rennen die zwei verbliebenen Möchtegern-Dokumentarfilmer in ein Haus, um dort ihren entführten Freund zu retten. Das filmen sie nicht nur mit, sondern halten sich selbst im Laufen die Kamera immer so vor das Gesicht, dass alles ganz genau aufgenommen wird. Und das bis cirka 2 Sekunden vor ihrem eigenen gewaltsamen Ende. Mir ist schon klar, dass diese Szene im Film sein muss, weil es sonst kein Ende gibt, aber trotzdem denkt man sich beim Ansehen, dass kein Mensch hier noch die Kamera eingeschaltet hätte.


Bitte versteht mich nicht falsch, mir ist schon klar, wieso zumindest einige dieser Szenen in den angesprochenen Filmen sind. Trotzdem kann man eben nicht immer ignorieren, dass die Kamera an manchen Stellen im Normalfall schon längst nicht mehr laufen würde.

Wie sieht es mit euch aus? Musstet ihr bei diesen Filmen auch schon ein paar Mal den Kopf schütteln?

13 Kommentare:

  1. Obwohl das alles stimmt und sehr schön analysiert ist: vor ein paar Wochen fand eine Schießerei in New York zwischen der Polizei und einem Verwirrten oder Drogensüchtigen oder so (das habe ich mir einfach nicht gemerkt) statt. Ich würde sehen, dass ich irgendwo Deckung finde. Dort haben Leute das mit ihren Handys gefilmt, obwohl die Kugeln flogen. Oder diese ganzen unsäglichen "Desaster"-Formate leben ja auch davon, dass Menschen drauf halten.

    Naja, musste mal meckern über den Sittenverfall ... :-)

    Ich mag found-footage-Filme nicht. Und jetzt habe ich ein schönes Argument mehr.

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    1. Ich finde Found-Footage-Ästhetik als Stilmittel ja eigentlich in Ordnung (der erste "REC" ist ein gutes Beispiel dafür, wie man sowas umsetzen kann). Nur kommen in letzterer immer blödere Filme mit diesem Gimmick auf den Markt.

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  2. Ich mag sie vor allem nicht, weil von Anfang an klar ist: Alle sind am Ende tot!

    Die tun mir dann immer so leid... ó_Ò

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  3. och, manchmal auch nicht. Bei den Schauspielern in "Evidence" bin ich ungeduldigt dagesessen, und dachte mir: "Sterbt!...Bald!...damit die schlimme Synchro endlich ein Ende hat..."

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    1. Das Problem bei dem Film ist nur: Je mehr Leute sterben, desto mehr reden die anderen...

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  4. War es bei Blair Witch Projct nicht so, dass die am Ende in dem Raum rumgefilmt haben, weil an der Kamera ne Lampe war? Die haben quasi einfach nur "nebenbei" das mitgefilmt, was sie grad eh angeleuchtet hatten.

    Generell gebe ich dir allerdings recht, was diese "Filmt doch keiner"-Szenen angeht. Deshalb ist dieses Genre auch größtenteils von Gurken bevölkert. Ganz ganz schlimm war Diary of the Dead von Romero. Da war kaum eine Szene, wo dieser Effekt nicht zutraf.

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    1. Dann bliebe allerdings die Frage, wieso sie mitten am Tag eine Taschenlampe brauchen (gab nach meiner Erinnerung genug Tageslicht auch im Haus) und diese dann offenbar weiterhin wie eine Kamera oben halten und eben nicht wie eine Taschenlampe.
      "Diary of the Dead" hat dieses Problem allerdings auch. Den sollte ich in einem zweiten Teil zu diesem Artikel auseinander nehmen.

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  5. Echt? Das Finale von BWP spielt tagsüber? Ok, den hab ich auch das letzte mal zum Kinorelease anno tobak gesehen. Vielleicht ist mir dieses Detail in der Zwischenzeit entfallen :)

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  6. BWP ist der bisher beste found footage-Film, da er die wenigsten unlogischen Aspekte enthält und die Story auch nicht so niveaulos-blutrünstig ist. Den kann man also irgendwie noch durchgehen lassen, finde ich... Paranormal Activity 1 ist auch noch ganz gut, aber sonst ist mir kein weiterer Film aus diesem Genre bekannt, der einigermaßen was taugt...

    Habe ich mich verguckt oder kamen bei Paranormal Activity 2 tatsächlich die gleichen Schauspieler aus dem ersten vor...?

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    1. Sorry wg. der späten Antwort. Ja, es sind (zum Teil) die gleichen Schauspieler.

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