Donnerstag, 26. Juni 2014

Interview mit Thomas Tippner

Der Hörspielautor Thomas Tippner
Mit Hörspielen wie "Die Schatzinsel", "Professor Zamorra", "The Return of Captain Future" und "Der Orden" hat sich Thomas Tippner in der Hörspielszene bereits einen Namen gemacht. Im Interview erzählt er alles über sein neues Projekt "Sherlock Holmes Academy" und wie schwierig es sein kann, wenn man als Autor von seinem Traumberuf leben möchte.

Alltagshirngespinste: Worum geht es in der Reihe "Sherlock Holmes Academy"?
Thomas Tippner: Es geht um Trudy Taff, die gerne eine Meisterdetektivin werden will. Eigentlich wollte sie auf die supercoole OIS gehen, wo internationale Spione ausgebildet werden. Aber da sie leider traditionell erzogen wird, wird sie auf die Sherlock Holmes Academy geschickt. Da findet sie dann in Marlene ihre beste Freundin, mit der sie ihren ersten Fall löst. Beide merken schnell, dass das traditionelle Detektivsein auch sehr viel Spannendes und Aufregendes haben kann. Eine rundum niedliche Serie, wie ich finde.

Worin unterscheidet sich "Sherlock Holmes Academy" von anderen, ähnlichen Serien, wie zum Beispiel "Die drei ???", "Team Undercover" oder "Point Whitmark"?
Die von Ihnen erwähnten Serien unterscheiden sich ja auch nicht sonderlich in der Grundausstattung. Nur die Ermittlungen werden da halt anders angegangen. Wer einmal die Ausbildung einer Detektivin miterleben will, anstatt gestandenen Detektiven zu lauschen, sollte ruhig ein Ohr riskieren. Denn der Schulalltag und die Art, wie Trudy und Marlene lernen, ist sehr spannend, da sie das Erlernte halt auch das erste Mal anwenden. Und wie es nun einmal so ist – nicht alles klappt beim ersten Mal, und darin liegt der Reiz der Serie. Trudy ist noch nicht ganz fertig mit der Schule, aber sehr pfiffig.

Sie haben neben bereits einige bereits vorhandene Stoffe (wie zum Beispiel "Die Schatzinsel") zu Hörspielen verarbeitet. Wie überträgt man eine solche Vorlage in ein anderes Medium?
Als erstes sollte man die Geschichte ein oder zwei Mal lesen, und sich dabei gleich Notizen machen, ob man Stellen übernehmen oder streichen will, oder ob man Szenen gut findet, die aber gerne in eine andere Richtung lenken möchte. Dann muss man sich unbedingt auch mit den Figuren auseinandersetzen. Bei der Schatzinsel habe ich das Buch x-mal gelesen. Da habe ich gemerkt, dass mir ein Billy Bones zu schnell abgefrühstückt wird. Ihm wollte ich mehr Platz geben. Und das Verhältnis zwischen Silver und Jim Hawkins wollte ich unbedingt intensiver herausheben. Die Fahrt auf der Hisbaniola und der Maat Arow war mir wiederum nicht spannend genug, deswegen habe ich etwas daran geschraubt.  Na ja, es ist halt immer eine eigene Interpretation.

Wann und warum haben Sie sich dazu entschlossen, Hörspielautor zu werden?
Schreiben wollte ich eigentlich schon immer, das ging bereits in der Grundschule los. Da habe ich keine Aufsätze, sondern Geschichten geschrieben. Habe meiner Fantasie freien Lauf gelassen. Schließlich habe ich angefangen, Pitje Puck zu lesen, und da hat es mich einfach gepackt. Ich wollte weiter Geschichten erzählen, wollte mir Figuren ausdenken und allen Leuten meine Storys vorlegen, damit sie sie lesen.
Das mit dem Hörspielschreiben war eher ein Zufall. Natürlich habe ich immer gerne Hörspiele gehört, besonders die Abenteuer um He-Man und die Masters of the Universe.
Deswegen war ich damals im He-Man.de-Forum aktiv und habe da Björn Korthof kennengelernt. Der hatte damals ja mit seinem Label Hearoic die Fanhörspiele um He-Man veröffentlicht. So bin ich zum Team dazugestoßen . Wir wollten auch andere Themen aufgreifen und bearbeiten. Aber dann entschied ich mich, meine Ideen selber umzusetzen. Das tat ich dann auch, indem ich „Der Orden“ produzierte und mir eine Bastei-Lizenz erwarb. Beide Projekte gingen ziemlich schnell ein – leider. Aber durch „Der Orden“ waren Joachim Otto und Sven Schreivogel auf mich aufmerksam geworden und boten mir an, für sie zu arbeiten. In der Zwischenzeit hatte ich auch Douglas Welbat, Katja Brügger und Dieter B. Gerlach kennengelernt. Die haben sich meiner ein wenig angenommen und meine Schreiberei professionalisiert. Es war wirklich fantastisch. Ein harter Weg, aber total lehrreich und horizonterweiternd. Besonders zu Douglas und Katja pflege ich noch eine richtig tiefe und innige Freundschaft. Einfach fabelhaft, wie lieb und nett die beiden sind. Die Zeit des Lernens will ich nicht mehr missen und ich bin allen drei zutiefst dankbar, dass sie an mich geglaubt und mich gefördert haben. Nachdem ich ein wenig für Joachim und Sven gearbeitet hatte, kam Maritim auf mich zu und fragte, ob ich einen relativ großen Bereich ihres Programms mit Hörspielmanuskripten abdecken wolle. Das wollte ich natürlich – und so sind weitere von mir geschriebene Serien auf den Markt gekommen. Total irre, wie das so vonstatten gegangen ist.
Schließlich kam ich mit Markus Winter und Sebastian Pobot in Kontakt. Markus ist ja sowieso bekannt und macht tolle Hörspiele. Und Sebastian ist, was Lizenzen angeht, einfach unschlagbar.
Seitdem sitze ich irgendwie in der Hörspielbranche fest. Und so bin ich zum Autoren geworden. Es war nicht immer leicht und manchmal ist man auch verzweifelt, aber im Großen und Ganzen hat es sich echt gelohnt und bringt immer noch total viel Spaß.

Wann meldet sich die Verzweiflung denn?
Wenn man versucht irgendwo Fuß zu fassen, sich anbietet, immer wieder an die Grenzen seiner eigenen Leistungsfähigkeit geht und niemand darauf reagiert, beginnt man zu zweifeln. Massiv war das damals, als ich bei Maritim angefangen habe zu schreiben. Man macht fünf Skripte fertig, schreibt seine Rechnung und freut sich, dass man Miete, Kredit, Lebensunterhalt zahlen kann usw. Und dann … plötzlich keine Aufträge mehr. Weder von Maritim, von der Romantruhe oder Nocturna Entertainment. Es ist so, als wäre einem der Faden abgeschnitten wurde. Dann kommen vielleicht noch ein oder zwei Absagen von Verlagen, wo man sich auch als Autor beworben hat.
Aber das hat sich zum Glück in Grenzen gehalten. Denn auch da bin ich wieder realistisch. Wenn ich keine neuen Aufträge bekomme, dann habe ich es nicht geschafft. Punkt aus. Aus Verzweiflung wurde dann wieder Realität. Und so hatte ich mir dann überlegt, dass ich wieder arbeiten gehen müsste, wenn ich mich mit der Schreiberei nicht über Wasser halten kann.

Wie haben Sie dieses Ziel erreicht?
Ich hab mich wenig entmutigen lassen und immer an mich geglaubt. Und ich hatte das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein. Hätte ich Douggy Welbat, Katja Brügger und Dieter B. Gerlach nicht kennengelernt, wäre ich auf der Strecke geblieben. Ebenso wäre ich hängen geblieben, hätten ich mir bei Joachim Otto oder Sven Schreivogel nicht die Hörner abstoßen dürfen, um richtig in die Szene hineinzukommen.Zudem bin ich sehr ehrgeizig, was die Schreiberei angeht. Passt einem Auftraggeber das von mir geschriebene Skript nicht, ändere ich es um. Passt es wieder nicht – ändere ich es um. Passt es wieder nicht – ändere ich es um. Denn ich bin immer der festen Meinung, dass sich aus einer guten Idee, immer eine gute Geschichte erzählen lässt.
Und ich lasse mich nicht verbiegen. Ich bleibe authentisch. Und was ganz wichtig ist, man darf sich selber und seine Arbeit nicht zu ernst nehmen. Ich bin total kritikfähig und kann es gut ab, wenn jemand sagt: „Thomas, das war echter Mist, schreib das mal um.“
Natürlich denke ich mir was beim Schreiben, aber wenn von zehn Probelesern sieben sagen: „Äh, das war jetzt irgendwie nicht so cool“, wird das die breite Masse sicherlich auch denken. Und darin liegt – glaube ich – ein wichtiger Grund, warum ich noch immer so aktiv bin. Ich will mich eben immer verbessern und was Eigenes schaffen.

Sie sagen einerseits, dass Sie, wenn Änderungen gewünscht werden, diese auch durchführen. Andererseits sagen Sie auch, dass Sie sich nicht verbiegen lassen. Wie geht das zusammen? Haben Sie Änderungen schon einmal abgelehnt?
Es muss natürlich immer das Produkt gesehen werden.
Ich habe Änderungen schon abgelehnt oder mit dem Auftraggeber heiß diskutiert. Bisher hatte ich aber das Glück, immer mit sehr verständnisvollen Leuten zusammenzuarbeiten. Natürlich ändere ich was, wenn der Auftraggeber ein Lizenzprodukt hat und ich deswegen nicht so frei arbeiten kann, wie ich will. Das geht ja dann nicht anders. Aber wenn eine Änderung gewünscht wird, die dem Produkt schadet, es schlechter macht oder den bestehenden Zusammenhang beschädigt, kann es nicht geändert werden. Es kann natürlich auch sein, dass meine Vorlage nicht den Wünschen des Auftraggebers entspricht. Dann müssen wir da halt auch wieder drüber diskutieren. Wenn meine Vorlage schlecht ist, muss sie halt geändert werden - da bin ich der letzte, der sich da quer stellt.
Wie schon gesagt - alles muss sachlich, fachlich und auf Augenhöhe besprochen und diskutiert werden. Deswegen hat eine Verbesserung des Skripts nichts mit verbiegen oder nachgeben zu tun. Man muss immer das Produkt in Auge haben. Schließlich stehen da ja unsere Namen drin und die sollen beim Hörer oder beim Kunden nicht dazu führen, dass sie die Augen verdrehen, wenn sie den Namen Tippner lesen.

Welche Projekte haben Sie in der nächsten Zeit geplant?
Oh, da steht jetzt einiges an. Durch einen sehr guten Freund habe ich die Möglichkeit bekommen, mal eigene Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen. So habe ich jetzt eigene Projekte anfangen können. Zum Beispiel eine Neuinterpretation von „Tom Sawyers Abenteuer“, oder Hörspiel-Lesungen à la ETA Hoffmann oder Bram Stoker. Und auch eigene Geschichten schreiben, wie „Die Einhornprinzessin“,eine Geschichte, die ich für meine kleine Tochter geschrieben habe, nachdem ich ihr großspurig versprach, mal was über Prinzessinnen, Einhörner und die Liebe zu schreiben. Oder auch meine kleine Krimiserie „Sunny Baretta“, wo wir jetzt fünf Folgen aufgenommen haben.Dazu kommen noch diverse Auftragsarbeiten von Joachim Otto, Sven Schreivogel und Sebastian Pobot. Aber da darf ich, wie immer, noch nicht drüber sprechen. Ankündigungen kommen auf jeden Fall.

Vielen Dank für das Gespräch!

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