Dienstag, 15. Dezember 2015

Gott ist nicht tot von Harold Cronk

Gott ist nicht tot (USA 2014) von Harold Cronk
Der junge Student Josh Wheaton hat sich dazu entschieden, Philosophie bei Professor Radisson als Wahlfach zu belegen. Aber schon in der ersten Stunde kommt es zum Eklat. Radisson fordert die Studenten auf, den Satz "Gott ist tot" auf ein Blatt Papier zu schreiben und dieses unterschrieben bei ihm abzugeben. Josh kann das nicht tun - er ist ein gläubiger Christ. Professor Radisson reagiert auf die Weigerung eher unentspannt. Nachdem er zunächst beim Versuch, Josh zu erpressen scheitert fordert er diesen dazu auf, seinen Standpunkt in den nächsten drei Stunden durch drei je 20 Minuten lange Vorträge zu verteidigen. Wenn es Josh gelingt, die Mehrheit der anwesenden Studenten zu überzeugen, wird er den Kurs bestehen, wenn nicht, lässt Radisson ihn mit Pauken und Trompeten durchfallen. Josh nimmt die Herausforderung an, obwohl ihm seine Freundin verbieten möchte, seine Note zu gefährden. Das ist nicht das einzige Hindernis, das Josh überwinden muss: Radisson hat offenbar persönlich ein Problem mit Joshs Standpunkt und setzt alles daran, ihn scheitern zu sehen.

Hach, die Freuden christlicher Fundi-Propaganda. Nachdem ich mit Left Behind schon so viel "Spaß" hatte, dachte ich, dass es unmöglich schlimmer werden könne. Ich hatte ja keine Ahnung. "God's Not Dead" ist der verlogenste Scheißfilm des 21. Jahrhunderts.
Das fängt schon bei den Charakterisierungen der Antagonisten an. Wenn wir nach diesem Film gehen, sähe unsere Welt so aus (ab hier gilt eine Spoilerwarnung):

1. Jeder Nichtchrist auf diesem Planeten ist laut Harold Cronk ein Arschloch, das nur folgendes im Sinn hat: Christen zu diskriminieren, sie öffentlich zu beschämen und/oder die eigene Familie psychisch und physisch zu misshandeln.

2. Christen sind in den USA nicht etwa die Mehrheit, sie sind eine Minderheit, die - siehe Punkt 1 - von allen Seiten bedrängt und verspottet wird.

3. PhilosophieprofessorInnen sind Arschgeigen. Ausnahmslos.

4. Kevin Sorbo und die Drehbuchautoren haben keine Ahnung von Atheismus.

5. Keiner am Set hatte eine Ahnung davon, wie Philosophieunterricht (oder Unterricht generell) funktioniert.

ad 1) In "God's Not Dead" gibt es zwei Arten von Menschen: Gläubige und radikale Atheisten/Moslems (dass zwischen diesen beiden ein Unterschied besteht, ist dem Film erstma egal). Während erstere als freundliche, tolerante Menschen dargestellt, sind sämtliche Nicht- und Andersgläubige arrogante, selbstverliebte Arschlöcher, deren Lebensinhalt es ist, Gottes Fans zu verunglimpfen.

ad 2) Als Professor Radisson verlangt, dass seine Studierenden die Worte "Gott ist tot" auf ein Blatt Papier schreiben, ist Josh tatsächlich der einzige, der sich weigert. Wenn man sich vor Augen hält, wie viele tief gläubige Menschen es in den USA gibt, ist das kaum glaubwürdig. Es ist aber durchaus möglich, dass sich einige dieser Menschen so sehen: Als eine Gruppe von Menschen, die - da immer mehr es wagen, ihren Ansichten zu widersprechen - das Gefühl haben, dass sich die Welt gegen sie verschworen hat (und ich gehe jede Wette, dass darin der Hauptgrund für Entstehung und Erfolg dieses Filmes liegt).

ad 3) Dieser Punkt wird vor allem in der Dinner-Szene mit Professor Radisson, dessen KollegInnen und Radissons Lebensgefährtin evident. Radisson möchte bei seinen KollegInnen groß auftrumpfen, lädt alle zu einer Dinnerparty ein und spielt den großen Zampano. Dabei hat er nichts besseres zu tun, als seine Freundin zur Küchenhilfe zu degradieren und seine Freundin wegen des Weines niederzumachen- sie hatte es gewagt, den Wein im Auto liegen zu lassen. Kann ein Wein eigentlich wirklich so schnell schlecht werden, indem man ihn maximal drei bis vier Stunden im Auto liegen lässt und so der Hitze aussetzt? Ich frage, weil es nicht so aussieht, als ob der Film im Hochsommer gedreht worden ist (wenn man die Flasche nicht gerade direkt hinter die Windschutzscheibe legt und das Auto mit voller Absicht in die pralle Sonne gestellt hat, hatte es bestimmt keine 30 Grad im Wageninneren). Ja, ich weiß, dass ich abschweife, aber Radisson und seine KollegInnen machen so ein Drama daraus, dass die Frau dieses schwere, unverzeihliche Verbrechen an der Menschheit begangen hat, dass sie sie allesamt mit Blicken kreuzigen. Das Ziel der Szene ist so klar, wie es plump umgesetzt wurde: Die ach so bemitleidenswerte Christin wird von den bösen Atheisten erst degradiert und hinterher gedemütigt, so wie es - wenn man nach diesem Film geht - alle Atheisten mit allen Christen dieser Welt vorhaben. Ich möchte kotzen.

ad 4) Dass Kevin Sorbo keinen blassen Schimmer von Atheismus hat, habe ich festgestellt, als ich ein paar Interviews mit ihm gelesen und gesehen habe. Wie man so wenig Ahnung vom Thema haben und dennoch einen Film darüber machen kann, ist mir ein Rätsel. Kleiner Tipp: Die ganzen Atheisten begegnen einem nicht ganz so wütend, wenn man sie zur Abwechslung mal als Menschen darstellt und nicht als arrogante Arschlöcher mit Minderwertigkeitskomplex? Ich glaube, das könnte helfen.

ad 5) Ein Philosophieprofessor, der keine Diskussionen über die Existenz Gottes, also eine der größten Fragen seines Faches, zulassen will? Wie kann der sich eigentlich auf seinem Lehrstuhl halten? Mit der Hilfe seiner charmanten Persönlichkeit bestimmt nicht. Philosophie lebt doch von der Diskussion, was bringt es da, genau diese zu verhindern? Anfangs könnte man ja noch die Hoffnung haben, dass Radisson damit provozieren und eine Debatte auslösen möchte. Diese löst sich spätestens dann in Rauch auf, wenn Radisson Josh im Korridor zur Rede stellt und offen damit droht, dass er ihn durchfallen lässt, wenn er nicht sofort seinen Standpunkt ändert.

Diese fünf Punkte ziehen sich bis in die kleinste Nebenrolle durch. Das beste Beispiel dafür ist Dean Cain, dessen Rolle nur dazu da ist, damit seine demente Mutter ihm erzählen kann, dass der Teufel Menschen wie ihm oft ein sorgenfreies Leben ermögliche, damit es sie später umso härter trifft, wenn sie zur Hölle fahren. Sprachs, und in der näcshten Szene überfährt Dean Cain Kevin Sorbo mit seinem Auto (na wenigstens ist jetzt die Frage geklärt, ob Herkules oder Superman stärker ist, hahaha.) Da hilft es auch nichts, dass der Film ganz passabel aussieht und - für ein Machwerk, das nur zwei Millionen Dollar kostete - mit guten schauspielerischen Leistungen aufwarten kann.

Fazit zu Gott ist nicht tot
Harold Cronks "God's not Dead" ist ein Paradebeispiel für einen verlogenen Propagandafilm. Der Streifen verdreht die Argumente der Gegenseite mit voller Absicht und stellt alle Andersdenkenden als überhebliche Drecksäcke dar, um so die Protagonisten (und das eigene Publikum) zu Helden in einem Kampf zu stilisieren, den es gar nicht geben müsste, wenn die Menschen ein wenig mehr Toleranz zeigen würden.

Update: Hier geht's zur Rezension von Teil 2.

6 Kommentare:

  1. Oh, das hört sich aber spannend an. Das Filmchen wandert sofort auf meinen Wunschzettel, vielleicht erfüllt ihn mir noch jemand zur "Winterzeit" :D
    Was Left Behind geschrieben hast, gehe ich gleich nach meinen Kommi checken. Ich habe die ganze Buchreihe der Herren La Haye und Jenkins gelesen (u. a. auch auf Englisch) und fand sie gar nicht mal so schlecht. Die beiden Filmchen hingegen war jetzt nicht so der Burner.

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    1. 2016 wird sogar ein zweiter Teil kommen: https://www.youtube.com/watch?v=kDk-oLxQG98 Diesmal mit Melissa Joan Hart (Sabrina - Total verhext) in der Hauptrolle. Wo kriegen die bloß die ganzen Star aus Serien der 90er Jahre her??

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    2. Namhafte Schauspieler sind bei solchen Streifen wohl sehr wichtig. Ohne einen Kevin "Herkules" Sorbo wäre das Dingens nie auf meinen Amazon-Wunschzettel gelandet. ^^

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  2. ..gruseligst..
    http://wortvogel.de/2014/08/jesus-made-me-review-this-heaven-is-for-real-but-gods-dead-so-im-suing-the-devil/

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  3. Aaaarrrggghhh...muß aufpassen, sonst ersticke ich daran..��Was für ein mittelaterlicher Narr...

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